Existenzgründer und Selbstständige machen häufig die gleichen Fehler. Darüber haben wir mit Jan Leyser gesprochen. Er ist Leiter des Geschäftsbereichs "Betriebsberatung und Gewerbeförderung" bei der Handwerkskammer Pfalz in Kaiserslautern.
SWR1: Gibt es eine Art "Standardfehler", den viele junge Selbständige immer wieder machen?
Jan Leyser: Ja, dass sie sich nicht ausreichend auf ihre Selbstständigkeit vorbereiten, kann man als Standardfehler ansehen. Sie haben sich vorher einfach nicht genug mit den einzelnen rechtlichen Voraussetzungen beschäftigt und finanzielle Herausforderungen nicht berücksichtigt oder auch nicht genug Zeit eingeplant, um die Existenzgründung passend vorzubereiten.
Energiewende befeuert Erfolg von Handwerkern
SWR1: In welchem Bereich, in welcher Branche hat man gute Chancen mit der angestrebten Selbständigkeit?
Leyser: Wer Qualifikationen im Bau- und Ausbauhandwerk, im Bereich der Elektrotechnik oder der Installateur- und Heizungsbauer mitbringt, hat gute Chancen. Das Thema Energiewende spielt momentan eine große Rolle. Photovoltaik-Anlagen und neue Heiz-Systeme werden gebraucht. Leute, die sich in diesen Bereichen selbstständig machen, haben deshalb sehr gute Voraussetzungen, um sich relativ schnell eine erfolgreiche Existenz aufzubauen. Einfach weil die Nachfrage da ist.
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Sich bewusst vom Markt unterscheiden, Kundenstamm aufbauen
SWR1: Was sagen Sie einem Friseur, der in einer Kleinstadt einen Laden aufmachen will, in dem es vielleicht schon acht oder zehn ähnliche Läden gibt?
Leyser: Ich würde ihn fragen: Was machst du zukünftig anders als die anderen, warum soll ein weiterer Friseurladen an dem Standort funktionieren? Gibt es ein neues Konzept oder ist die Nachfrage bei den anderen so hoch, dass alle überlastet sind? Man muss sich ja ein Stück weit vom Markt unterscheiden, vielleicht auch hinterfragen.
Kommt der oder diejenige direkt dort aus der Region und hat deshalb schon einen Kundenstamm? Gerade im Friseurhandwerk geht es sehr personenbezogen zu. Das heißt, wenn ich schon in einem Laden gearbeitet habe und mache mich jetzt eine Straße weiter selbständig, kann ich von ausgehen, dass ein Großteil meiner Kundschaft auch direkt mit mir umzieht.
SWR1: Wer selbständig ist, lästert manchmal über sich selbst, dass er selbst und ständig arbeitet. Überschätzen viele Menschen das angestrebte Glücksgefühl durch Selbstständigkeit?
Leyser: Der Jurist würde jetzt sagen, es kommt ganz darauf an. Ja, es gibt Unternehmer, vor allem ältere Unternehmer, die sagen: Ich lebe, um zu arbeiten und mache das von früh bis spät. Sie sind natürlich für die nachfolgenden Generationen keine guten Vorbilder.
Aber jüngere Unternehmer gehen da häufig sehr anders heran. Sie möchten den klassischen Arbeitsalltag haben und nicht noch bis spät abends Rechnungen schreiben. Ich hatte auch schon Unternehmer in der Beratung, die ihren Betrieb soweit umgestellt haben, dass er auch unabhängig von ihrer Person mal ohne Probleme ein paar Wochen laufen kann. Der Gedanke ist also da.
Und neue Geschäftsmodelle, wie die einer Vier-Tage-Woche, sind auch im Handwerk möglich. Das ist immer vom einzelnen Unternehmer abhängig, wie er das in seinem Betrieb gestaltet.
Das Interview führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.
Weitere Informationen finden Sie bei der Betriebsberatung und Gewerbeförderung der Handwerkskammer Pfalz in Kaiserslautern auch online unter hwk-pfalz.de