Milchpreise besorgen Landwirte

Sorge und Frust wegen sinkender Milchpreise

Angst vor neuer Milchkrise: "Bei den Milchbetrieben geht es ans Eingemachte"

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AUTOR/IN
Lara Bousch
Lara Bousch ist Reporterin im SWR Studio Trier

Im Winter waren die Preise, die die Molkereien an die Bauern gezahlt haben, noch akzeptabel, sagen die Landwirte. Seit Februar aber sinken sie massiv. Viele Bauern sind frustriert.

Es ist ein ewiger Teufelskreis, den Kurt Kootz, Vorsitzender des Bundes der deutschen Milchviehhalter in Rheinland-Pfalz, schildert. Je tiefer der Milchpreis absinkt, desto mehr Milch produzieren die Bauern.

Doch desto mehr Milch auf dem Markt ist, desto niedriger ist der Preis. "Obwohl die Milchpreise vergangenes Jahr zum ersten Mal seit langer Zeit auf einem akzeptablen Niveau waren, sind sie seit Februar drastisch abgestürzt."

Kurt Kootz, rheinland-pfälzischer Vorsitzender der Bund der deutschen Milchviehalter, sieht die Molkereien aber vor allem die Politik in der Pflicht, den Milchbauern endlich faire Bedingungen zu geben. Sodass die Milchbetriebe nicht nur überleben sondern auch in mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit investieren können.
Kurt Kootz, rheinland-pfälzischer Vorsitzender des Bundes der deutschen Milchviehalter, sieht die Molkereien aber vor allem die Politik in der Pflicht, den Milchbauern endlich faire Bedingungen zu geben. Sodass die Milchbetriebe nicht nur überleben sondern auch in mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit investieren können.

Im Dezember lagen die Milchpreise bei rund 60 Cent pro Liter. Jetzt liegt der Preis bei rund 45 Cent. Dabei sind die Kosten für Energie, Futter und Dünger gestiegen. Deshalb, erklärt der Milchbauer, beginne wieder die geschilderte Abwärtsspirale.

Die Bauern produzierten mehr Milch, um ihre Kosten irgendwie decken zu können. Kootz sagt: "Irgendwie" und man spürt den Frust. Aktuell würden die Milchbauern bei den Preisen, die sie erhalten, ihre Kosten nicht decken, sondern müssten sogar draufzahlen. "Bei den Milchbetrieben geht es ans Eingemachte."

Besonders kleine Milchbetriebe leiden unter dem Preissturz

Auch Klara Scholtes aus Deuselbach im Hunsrück macht sich große Sorgen um die Zukunft der Branche. Die 20-Jährige ist Milchkönigin für das Saarland und Rheinland-Pfalz und sie möchte den Biohof ihrer Eltern nach ihrem Studium übernehmen. Sie fragt sich, wie sie in Zukunft wichtige Investitionen für ihren Betrieb machen soll, wenn es überhaupt keine Planungssicherheiten gibt.

Eigentlich bräuchte ihr Familienbetrieb einen neuen Stall und einen neuen Traktor. "Von April bis Dezember vergangenes Jahr hatten wir gute Milchpreise, aber ich bin froh, dass wir nicht investiert haben. Denn heute könnten wir die Kredite nicht mehr zahlen." Ihrer Meinung nach wird der Preissturz dafür sorgen, dass viele Betriebe dichtmachen.

Mit ihrem Titel als Milchkönigin für Rheinland-Pfalz und das Saarland möchte die 20-Jährige Klara Scholtes auf die Missstände in der Milchindustrie aufmerksam machen.
Mit ihrem Titel als Milchkönigin für Rheinland-Pfalz und das Saarland möchte die 20-Jährige Klara Scholtes auf die Missstände in der Milchindustrie aufmerksam machen.

Gerade kleine Bio-Betriebe wie ihrer würden unter der Krise leiden. "Wir machen uns mehr Arbeit, weil wir die Tiere auf der Weide halten. Für mich ist das die einzig artgerechte und ökologischste Lösung. Aber irgendwann kann man sich die Arbeit nicht mehr leisten."

"Mit diesen Preisen können wir unsere Höfe nicht nachhaltiger gestalten und auch nicht in mehr Tierwohl investieren."

Wichtige Zeit zur Umstellung der Landwirtschaft wird verschwendet

Auch wenn Kurt Kootz und Klara Scholtes unterschiedlichen Generationen angehören, sind sie beide der Meinung, dass die Politik aktuell wichtige Zeit vergeudet, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. "Mit diesen Preisen können wir unsere Höfe nicht nachhaltiger gestalten und auch nicht in mehr Tierwohl investieren", sagen sie unisono.

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Dabei wollen die meisten Konsumenten tiergerechte Haltung. Das würde sich auch positiv auf den Klimawandel auswirken.

Die Landwirte sehen die Politik in der Pflicht. Sie wollen mehr Anerkennung für ihre Arbeit. "Es fühlt sich so an als seien wir nicht gewollt, als würden sie am liebsten die Milch aus dem Ausland herankarren.", sagt Kurt Kootz.

Kurt Kootz hält Milchkühe, die etwas weniger Milch liefern als die "Turbo-Milchkühe". Dafür sind sie einfacher in der Haltung, sagt er. Wie viele andere Bauern auch, möchte er nicht der Leistungssteigerung hinterherlaufen. Davon würden nur die Pharma- , Dünger- und Robotikindustrie profitieren, die Tiere und der Bauer hätten jedoch nichts davon.
Kurt Kootz hält Milchkühe, die etwas weniger Milch liefern als die "Turbo-Milchkühe". Dafür sind sie einfacher in der Haltung, sagt er. Wie viele andere Bauern auch, möchte er nicht der Leistungssteigerung hinterherlaufen. Davon würden nur die Pharma- , Dünger- und Robotikindustrie profitieren, die Tiere und der Bauer hätten jedoch nichts davon.

Bauern: Ohne politisches Eingreifen geht es nicht

Es ist nicht das erste Mal, dass die Milchbauern Alarm schlagen. In den letzten 15 Jahren gab es drei Milchkrisen. 2016 war die Krise so schlimm, dass die Politik entschied zu handeln.

Damals wurde die Möglichkeit gesetzlich verankert, die Milchmengen zu reduzieren durch einen freiwilligen Lieferverzicht der Milchbauern. Die bekamen dafür Geld von der EU - eine Ausgleichszahlung sozusagen.

Kurt Kootz vom Bund der deutschen Milchviehhalter will, dass die Politik diese Maßnahme jetzt wieder aktiviert. So soll die Milchmenge auf dem Markt reduziert werden, damit sich die Preise wieder erholen.

Milchpreise besorgen Landwirte
Der Biohof der Familie Scholtes im Hunsrück ist umgeben von ihren Ackerflächen. Dort können die Milchkühe weiden. Doch Klara Scholtes ist besorgt, dass sie sich Mehrarbeit für Weidelandwirtschaft irgendwann nicht mehr leisten können.

Milchbauern wollen langfristige Lösungen

Klara Scholtes sieht das ähnlich. Dies wäre sicher eine Lösung, um den Markt kurzfristig zu stabilisieren.

Doch ihrer Meinung nach müssen jetzt auch langfristige Lösungen her. "Denn sonst haben ich und meine Studienkollegen nach unserem Studium keine Höfe mehr, die wie übernehmen können."

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